Die Ruhe vor dem Sturm

Der Winter ist in diesem Jahr praktisch ausgefallen. Schnee gab es nur an zwei, drei Tagen, wenn man den weißen Modder, der nach wenigen Stunden wieder getaut ist, überhaupt so bezeichnen kann. Auch Minusgrade waren Mangelware, vom frühen Morgen einmal abgesehen. Wenn nichts mehr nachkommt, wird es im Sommer eine Mückenplage geben.

Obwohl der Lenzing noch nicht einmal seine Mitte erreicht hat, hatten wir bereits das erste geradezu frühsommerliche Wochenende. Die Temperaturen bewegten sich nahe der zwanzig Grad und Sunna ließ ihr goldenes Licht von einem wolkenlosen Himmel erstrahlen.

Ostara lässt die Natur langsam erwachen. Die Frühblüher in den Gärten geben ihr bestes, doch im Laubwald und auf den Feldern ist noch wenig Grün zu sehen. Nur das Moos und immergrüne Pflanzen wie der Efeu liefern einige Farbtupfer. Wer besonderes Glück hat, sieht auch einen Zitronenfalter am Wege gaukeln.

Grün im Lenzing

Freilich weiß der Allergiker, dass auch hier der Pollenflug längst begonnen hat. Und beim näheren Hinsehen erkennt man zarte Knospen als Vorboten. Die Natur liegt in den Startlöchern. In wenigen Wochen wird sie sich Bahn brechen.

Auch für uns Menschen geht die dunkle Zeit dem Ende zu. In weniger als zwei Wochen ist die Tag- und Nachtgleiche. An diesem warmen Wochenende strebt alles was Beine hat hinaus. In den Städten sind Parks, Wiesen und Auen dicht bevölkert. In den ländlichen Gebieten zieht es die Menschen auf Wanderwege und zu den Aussichtspunkten.

Aber warum ist das so? Warum zieht es viele Menschen jetzt hinaus in die Natur? Ist es das milde Wetter? Kaum, denn der gesamte Winter war mild. Oder sind es Frühlingsgefühle, wie ein junger Mann im Fernsehen die Frage des Reporters beantwortete? Wiederum nein, denn das verwechselt Ursache und Wirkung.

Die Antwort lautet, es ist das Licht. Es ist der strahlende Schein einer immer länger scheinenden und immer höher steigenden Sonne. Die Wiederkehr des Lichtes kurbelt die Hormonproduktion an, und die sorgt dann für die Frühlingsgefühle. Den ganzen Winter über funktionieren wir auf Sparflamme, wird unser Energieverbrauch gedrosselt. Diese Eigenschaft hat die Natur in Jahrmillionen ausgeprägt. Sie hat das Überleben unserer Spezies gesichert.

Aber jetzt erwacht die Natur zu neuem Leben. Und trotz aller Globalisierung und Vorratswirtschaft erwachen wir noch immer gemeinsam mit ihr.

© Siebenschläfer

Nachtrag einen Mond später: Im Handelsblatt gab es einen interessanten Artikel zu diesem Thema. Wer nachlesen möchte, nutze bitte diesen Link.

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